Meine Heteropteryxe

(... oder genauer "Meine Zicken!")

 

Es hat lange gedauert, bis ich mich an die Art heran wagte, weil es immer hieß, sie sei so schwer zu halten. Doch wenn ich ehrlich bin, sooo schwer ist es gar nicht. Das einzige was stimmen muss ist die Temperatur und die relative Luftfeuchte. Die Temperatur erreicht man recht angenehm mit einer Lampe oder einem warmen Platz und die Feuchte (ca. 80%) mit regelmäßigem Sprühen und einem Terra welches keine Stauluft erzeugt aber dennoch schön die Feuchte hält. Klar, auch das muss man erst herausfinden und es braucht schon etwas Fingerspitzengefühl, bis man gelernt hat, wie oft und wie viel man sprühen muss aber das dauert etwa zwei, drei Wochen und dann hat man das drauf ... Hygrometer leisten für den Anfang auch gute Dienste. Ich habe meines jetzt noch drinnen und lese auch mehrmals die Woche ab. Macht der Gewohnheit.

Als ich die Tiere bekam, waren es sechs Stück, doch jetzt sind es nur noch zwei, Tay und Tim. Das hört sich jetzt schlimm an aber so ungewöhnlich ist das nicht. Eines der Männchen, hatte versucht sich während des Transportes zu häuten, was leider schief ging. Ich musste ihn daher einfrieren. Die anderen Fünf wuchsen und erfreuten sich bester Gesundheit. Doch dann spießte sich das eine Männchen auf. Da ich nun fürchtete, ich könnte das letzte noch verbleibende Männlein auch verlieren, gab ich zwei meiner Weibchen für ein Pärchen anderer Heteropteryxe her. Leider starb das Männchen sehr schnell weil es angefressen war und das Weibchen starb bei einer Häutung ein paar Wochen später. Vielmehr, es begann gar nicht wirklich damit sich zu häuten. Irgendwie schien es nicht aus der alten Haut schlüpfen zu wollen, obwohl es dennoch gut feucht im Terrarium war. Was da der Auslöser war, weiß ich bis heute nicht, es tat mir nur sehr leid. Jetzt hatte ich nur noch ein subadultes Männchen und ein adultes Weibchen. Die beiden Schreckchen hingegen, die ich getauscht hatte, leben beide noch. Dumme Zufälle, man steckt nie drin. Gerade deshalb ist die Art für den Anfänger nicht zu empfehlen, doch es gibt noch mehrere Gründe. Die Erfahrung, die man über die Zeit hinweg mit anderen Arten sammelt, hilft zu erkennen, ob es z. B. einem Tier gut geht. Frisst es gut, mag es das angebotene Futter oder verschmäht es dies halsstarrig? Hab ich genügend gesprüht oder braucht es noch etwas? Sind zu viele Zweige im Terra oder haben die Tiere genügend Platz, so dass sich eines auch problemlos häuten könnte? Steht vielleicht auch bald eine Häutung an und ist es für eine Häutung auch ausreichend feucht? Kann ein Schützling im Wasserglas ertrinken oder ist dies genügend gesichert, bzw. das Tier schon groß genug, usw....? Das sind alles Erfahrungen, die man manchmal auch zu Lasten der Tiere sammelt. Mit der Zeit lernt man vieles und eignet sich auch vieles an. Zum Beispiel auch wie man so ein Tier hochhebt bzw. umsetzt, denn gerade bei der Art bedarf es viel an Fingerspitzengefühl ... oder gute, dicke Handschuhe ;-). Beide Geschlechter sind äußerst Wehrhaft und schlagen sofort mit den Hinterbeinen zu. Mehr über die Wehrhaftigkeit steht aber weiter unten.

Heteropteryxe wirklich sehr attraktive Terrarienbewohner, wenn auch nicht ganz günstige. Die Anschaffung ist für Insektenverhältnisse schon ein kleines Vermögen. Für ein Pärchen Nymphen kann man gut und gerne, je nach Größe 5 -10 Euro hinblättern, bei adulten Tieren wird oft die 20 Euro - Grenze gesprengt. Aber mehr als 25 Euro würde ich für ein erwachsenes Pärchen nicht ausgeben, denn das ist überteuert! Meine Empfehlung ist daher, mit Nymphen zu beginnen. Natürlich ist es reizvoller sofort so große, imposante Tiere im Terrarium pflegen zu können und natürlich sind Nymphen auch etwas schwerer in der Haltung wie die Adultis aber man sieht sie zum Einen aufwachsen und zahlt nebenbei auch nicht ganz sooo viel ... und man hat zum Anderen schon etwas Ahnung über die Aufzucht von Nymphen. Hat man dann selbst einmal Nachwuchs, kommen einem diese Erfahrungswerte zu Gute. Bei adulten Tieren fehlen diese Erfahrungswerte und man wird beim ersten Nachwuchs praktisch ins kalte Wasser geworfen, was eine hohe Nymphensterblichkeit zur Folge haben kann.

Ein weit verbreitetes Problem bei den Heteropteryxen sind Häutungsprobleme, doch dem ist mit genügend Feuchte entgegen zu wirken. Gerade deswegen hatte ich die Tiere pedantisch im Auge behalten und immer aufgepasst, wann sie zu fressen aufhörten und wann sich bei den Männchen die Flügelschuppen abzuspreizen begannen. Beides sind sehr sichere Zeichen für eine bevorstehenden Häutung. Gerade bei den Männchen sieht man das wirklich sehr deutlich, die Weibchen bleiben meist einfach nur tagelang an einem Fleck sitzen, bevor sie sich zu häuten beginnen. Wenn ich das bemerkte, habe ich jeden Abend extra viel befeuchtet, um ja kein Risiko einzugehen. Aus dem Grund ist eine ständig hohe Luftfeuchtigkeit das A und O!

Das hier sind die einzigen Bilder, die ich von Tays Häutungen habe. Sie entstanden alle am 10. Mai 2005 und zeigen das Ende der vorletzten Häutung.

     

Hier ist sehr schön zuerkennen, das die Tiere auch die Tracheengänge mithäuten. Die weißen Fäden sind nämlich die Innenwände der alten Tracheen.

 

Eine Häutung habe ich dürfen vollständig erleben und die hielt ich auch in Bildern fest. Es war die Imaginalhäutung meines Männchens Tim, ein faszinierender Vorgang, den ich natürlich keinem vorenthalten möchte.

Häutung

Was mir auch noch gut half, die erforderlichen 80% und mehr zu erreichen (Die habe ich nämlich fast konstant!), war zum einen mein Terrarium, weil die Lüftungsfläche relativ klein aber ausreichend ist aber auch der Bodengrund den ich einfüllte.

 

Tays Terrarium Anfang April (09.04.2005), kurz nachdem ich die Tiere erhalten hatte.

Heteropteryxe legen ihre Eier ja in den Boden ab und brauchen alleine deswegen schon Bodengrund. Wird dieser nun schön feucht gehalten ist auch die rLf  hoch genug. Ich rate sowieso jedem, der diese Art halten möchte, Erde ins Terrarium einzufüllen, denn was praktischeres gibt es gar nicht. Neben den Vorteilen mit der Feuchte, sieht es auch einfach schöner aus. Dekoriert man dann mit Moos und Wurzeln noch etwas, wirkt das Ganze gleich viel natürlicher. Außerdem erleichtert die Erde ungemein das Reinigen: Alte Zweige raus - Neue rein - fertig! Die Erde selbst wird ja nicht gereinigt. Wenn man dann noch möchte, kann man dann zusätzlich noch ein paar Untermieter in Form von Tausendfüßern oder ("Schmuck") -Asseln (Weiße- oder Rollasseln) einziehen lassen. Bestimmt denken jetzt einige: "Ja und was ist mit Schimmel, bei der Feuchte ist das doch sofort alles verschimmelt!"  Nicht unbedingt, man muss nur eine Sache beachten! Unbedingt die Erde mit bereits eingefahrener Terrarienerde oder mit Walderde animpfen, dann entwickelt sich sehr schnell ein gesundes Mikroklima und Schimmel ist kein Thema mehr. Beherbergt man dann noch zusätzlich Untermieter wird der Schimmel meist im Keim erstickt. Besonders die Asseln sind dafür bekannt, dass sie den Schimmel regelrecht vertilgen. Nur wäre ich mit Asseln vorsichtig, denn sie vermehren sich sehr schnell und man hat sehr bald Überbevölkerung.  Manche bieten den Tieren (Meist in einem extra Schälchen) erst dann Erde an, wenn sie mit der Eiablage beginnen aber das ist mir etwas zu heikel und auch zu umständlich. Die Erde kann darin sehr schnell austrocknen und mit ihnen die Eier. Außerdem ist der Ständige Tausch der Schälchen zu Zeitaufwendig. Der einzige Vorteil darin ist der, dass man genau weiß, aus welchem Zeitraum die darin befindlichen Eier sind. Das ist aber nur für denjenigen interessant der Eier verkaufen möchte. Ich möchte aber jetzt wieder zum eigentlichen Thema zurückkommen, weil ich auf einer separaten Seite noch ganz genau auf Zuchttechniken eingehen werde und das hier einfach zu weit führen würde.

Kurz noch ein Satz zur Erde: Wie sich das optimale Substrat für ein Terrarium zusammen setzt, kann man unter untenstehendem Link ganz genau nachlesen.

Substratgemisch

Die Temperatur sollte vielen Quellen zufolge mehr als 25°C betragen, doch das ist meines Erachtens zu hoch. Meine Tiere hatten grundsätzlich nur um die 23°C, manchmal auch niedriger. Der Hintergrund ist folgender: Wenn man die Tiere nicht so warm hält, dauert die Entwicklung zwar etwas länger aber die Tiere danken es mit einer höheren Lebenserwartung. Nebeneffekt, sie legen auch mehr Eier, weil sie eben länger leben. Und die Haltung ist auch artgerechter. Heteropteryxe kommen aus den Bergregionen Malaysias, dort sinkt die Temperatur über Nacht manchmal auf unter 15 °C und die 25°C Marke wird nur sehr selten erreicht; Durchschnitt ist so um die 22°C. Ein weitere Vorteil ist auch, dass die Pflanzen nicht so schnell welken, gerade im Winter ist das sehr angenehm. Oft haben die Blätter Frost ab bekommen, und welken innerhalb eines Tages. Stehen sie aber nicht ganz so warm und dazu noch feucht, hat man oft mehrere Tage dran, bevor sie wirklich unbrauchbar sind. Als Futter hat sich bei mir Himbeere aber auch Brombeere bewährt (Im Winter bleibt einem ja nichts anderes übrig). Buche wird gar nicht angerührt und Eiche nur wenn's sein muss. Fazit: Wie bei fast allen Phasmiden. Sind sie an ein Futter gewöhnt, lassen sie anderes fast grundsätzlich stehen.

Zur Zeit stehen meine Tiere am Fenster, weil es über die kalte Jahreszeit ohne Beleuchtung zu kühl (18°C) ist. Doch so schön richtiges Sonnenlicht auch für die Tiere sein mag, es birgt auch Gefahren! Wenn die Sonne scheint, erhitzt sich die Luft im Terrarium sehr schnell, wie in einem Treibhaus auf über 30°C und die Luftfeuchte sinkt ganz automatisch sehr schnell, sehr stark ab. Mir war das einmal passiert und nie wieder! Dabei wollte ich ihnen nur etwas Gutes, doch es war ein beinahe fataler Fehler, hätte es ihnen doch fast das Leben gekostet!!! Nicht ganz eine Stunde schien die Sonne hinein, doch es reichte aus die Luft unerträglich zu erwärmen und die Luftfeuchte auf 30% (!) herab zu setzen. Tay und Tim suchten Schutz auf dem Boden und waren, als ich sie entdeckte, richtig träge und schlaff. Kurzerhand kühlte ich sie in einem lauwarmen Wasserbad ab. Doch statt zu baden begannen die beiden zu trinken. Erstaunlich wie viel sie tranken und vor allem wie lange, denn es waren fast 20 Minuten. Während dessen übersprühte ich die beiden ständig mit lauwarmen Wasser um ihre Körpertemperatur zu senken. Dass sie so gerne trinken wusste ich nicht aber ich behielt es bei und mittlerweile tränke ich die beiden zweimal die Woche. Tim trinkt dabei meist nichts, aber Tay nimmt das angebotene Wasser dankbar an und bleibt manchmal auch zehn Minuten zum Trinken sitzen. Die Weibchen der Art haben einen sehr hohen Wasserbedarf, so dass ich noch am überlegen bin, ob ich in dem größeren Terrarium, in welches ich die Zwei bald umsiedele, nicht besser ein Trinkschälchen anbringe. Ein Tier, genauer gesagt eine Zicke, zum Trinken herausholen ist zeitlich noch machbar, wenn auch nicht ungefährlich für die Finger ;-), aber wenn der Nachwuchs geschlüpft ist, werden es mehr sein und dann übersteigt das den zeitlichen Rahmen doch sehr...  von meinen Fingern mal ganz abgesehen.

Mit weit aufgespreizten Mandibeln, wird das Wasser geschlürft. Die Bilder entstanden am diesem besagten Schreckensmorgen (22.11.2005).

 

Die Wehrhaftigkeit dieser Art übersteigt das, was ich bisher erlebt habe, bei weitem! Heteropteryxe schlagen nicht einfach nur mit den Hinterbeinen, sie drücken auch noch genüsslich zu, wenn sie einem die Finger eingeklemmt haben. Die Kraft, welche die Tier dabei aufbringen, ist wirklich erstaunlich und direkte Treffer bluten mitunter auch.

Tay und Tim drohen mit hocherhobenen Beinen. Wenn man sich die Dornen an den Hinterbeinen anschaut, ahnt man wie schmerzhaft eine Bekanntschaft mit ihnen sein kann.

  

 

Da hilft wirklich nur ruhig halten, auch wenn es sau weh tut, und der Dinge harren die da kommen. Irgendwann, nach unendlich langen Sekunden, lockern sie dann ihren Griff und man kann entfliehen. Aber nur nicht hektisch werden, sonst geht das Spiel von vorne los :-P !!! Begleitet wird das Zuschlagen mit den Hinterbeinen, von deutlich hörbarem Flügelrascheln bzw. -knistern. Beide Geschlechter bedienen sich dieser Abwehrmechanismen, wobei das Männchen etwas leiser raschelt aber mindestens genauso kräftig zuschlägt. Die Männchen haben auch die Eigenart, sich einfach fallen zu lassen, wenn man sie, z.B. zum Futterzweige wechseln, herausnehmen möchte. Dieses Verhalten hat einem meiner Männchen, es war gerade ein paar Stunden adult, das Leben gekostet. Es ließ sich fallen, als ich es herausnehmen wollte und spießte sich an einem Dorn auf.... seither gebe ich den Heteropteryxen nur noch Himbeere, die ist stachellos und daher ungefährlich. Etwas eigentlich recht sonderbares konnte ich bei Tay noch feststellen aber ich glaube es gehört weniger zur Abwehr. Sie hatte mich einmal kräftig gepetzt / gebissen. Es kam nur einmal vor und es war auch nicht, als ich sie festhielt, sondern als ich sie auf dem Arm krabbeln hatte. Sie senkte plötzlich den Kopf und knabberte munter drauf los. Ich interpretierte den Schmerz erst als Pieken eines Stachels (sie hat an der Bauchseite ja auch welche) und ignorierte ihn, doch als der Schmerz stärker wurde sah ich hin und erschrak doch etwas, denn sie kaute munter an einem Stückchen zusammengepetzter Haut. Nicht nur, dass es wirklich weh tat, es blutete auch. Ich hätte nicht gedacht, dass sie mit ihren Mundwerkzeugen in der Lage sind menschliche Haut so zu verletzen, dass sie blutet, doch es geht. Mittlerweile achte ich immer darauf und halte ihr den Kopf fest, wenn sie meinen Arm mit den Mandibeln absucht. Muss ja nicht noch mal vorkommen.

 

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